TTR: Wieso ist das Thema für die Tiroler Tourismuswirtschaft relevant?
Johanna Bolter: Die Tiroler Tourismusbranche zeichnet sich durch eine Vielzahl von Veranstaltungen aus, die von sportlichen Großereignissen über kulturelle Festivals bis hin zu kulinarischen Erlebnissen reichen. Die fünf Sinne – Sehen, Tasten, Hören, Riechen und Schmecken – spielen dabei eine entscheidende Rolle. Indem sie auf die individuellen Sinne der Besucher:innen eingehen, können Veranstalter:innen in Tirol eine stärkere Verbindung zwischen den Besucher:innen und dem Veranstaltungsort herstellen. Dies trägt nicht nur zur positiven Wahrnehmung der Veranstaltung bei, sondern auch zu einem positiven Image der Region Tirol insgesamt.
TTR: Was sind die Kernergebnisse Ihrer Arbeit und welche Bedeutung haben diese für touristische Destinationen und Betriebe?
Johanna Bolter: Die Ergebnisse der Arbeit haben gezeigt, dass die Sinneswahrnehmung einen maßgeblichen Einfluss auf die Wahrnehmung von Veranstaltungen hat. Dabei spielen alle fünf Sinne – Sehen, Tasten, Hören, Riechen und Schmecken – eine Rolle, wobei jedoch die Bedeutung der einzelnen Sinne je nach Veranstaltungstyp variieren kann. Eine zentrale Erkenntnis ist, dass eine kongruente Gestaltung der sensorischen Elemente für ein authentisches und kohärentes Erlebnis sorgt. Dies bedeutet, dass alle Sinnesreize aufeinander abgestimmt sein sollten und zur Veranstaltungsthema und -location passen. So kann beispielsweise die Kombination von stimmungsvoller Musik, beeindruckenden Panoramen und regionalen Köstlichkeiten eine unvergessliche Atmosphäre schaffen. Für touristische Destinationen und Betriebe haben diese Erkenntnisse eine große Bedeutung. Durch die gezielte Gestaltung der Sinneswahrnehmung können Veranstaltungen zu einem echten Highlight werden und die Besucherzahlen erhöhen. Zudem trägt dies zur positiven Wahrnehmung der Destination und ihrer Angebote bei.
Die Forschungsergebnisse machten es möglich das sensorische Erlebnis von Eventteilnehmenden in einer Grafik zusammenzufassen und darzustellen:
Abbildung: Forschungsmodell
TTR: Welche konkreten Handlungsempfehlungen geben Sie in Ihrer Masterarbeit?
Johanna Bolter: Um die Erlebnisqualität von Veranstaltungen zu steigern, sollten Veranstalter folgende Aspekte berücksichtigen:
- Ganzheitliche Gestaltung: Alle fünf Sinne sollten in Einklang gebracht werden, um ein stimmiges Gesamterlebnis zu schaffen.
- Individuelle Anpassung: Die Gestaltung sollte auf die spezifische Veranstaltung und die Zielgruppe abgestimmt sein.
- Emotionale Verbindung: Veranstaltungen sollten Emotionen wecken und bei den Besuchern Erinnerungen hinterlassen.
- Interaktivität: Besucher:innen sollten aktiv in das Geschehen eingebunden werden.
Durch die Umsetzung dieser Empfehlungen können Veranstalter unvergessliche Erlebnisse schaffen und die Zufriedenheit ihrer Besucher:innen steigern.
TTR: Welche Besonderheiten zeigten sich in Ihrer Forschungsarbeit?
Johanna Bolter: Der empirische Teil der Masterarbeit nutzte die sogenannte Photo-Elicitation-Methode, welche visuelle Elemente in die Forschung integriert. Dabei wurden Interviews mit 24 Eventbesucher:innen geführt, welche eines von vier verschiedenen Events besuchten. Durch die Kombination von Fotos und Interviews konnte die Methode die Erinnerungsfähigkeit der Teilnehmenden stimulieren, um detaillierte Informationen über ihre Wahrnehmung zu erhalten. Im Vergleich zu traditionellen Interviewmethoden, die sich allein auf verbalen Rückgriff verlassen, konnte die Photo-Elicitation-Methode Verzerrungen durch Erinnerungsfehler und Schwierigkeiten bei der Artikulation minimieren. Die Verwendung dieser Methode zeigt großen Innovationsfaktor in der Sinnenforschung in der Veranstaltungsindustrie.
Johanna Bolter, MA
Johanna Bolter, gebürtig aus dem Bregenzerwälder Ort Alberschwende, zog für ihr Studium nach Innsbruck. Dort erwarb sie zunächst den Bachelorabschluss in „Unternehmensführung in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft“ und schloss anschließend ihr Studium mit dem englischsprachigen Master in „Marketing Management and Tourism“ ebenfalls am MCI-Tourismus ab.
Parallel zum Masterstudium war Johanna als Eventmanagerin bei der Tiroler Eventagentur „eventfactory“ tätig. Hier organisierte sie zahlreiche Incentives und andere Firmenveranstaltungen. Nach zwei Live-Einsätzen im Austria House bei den Olympischen Spielen, zuletzt im vergangenen Sommer in Paris, entschied sich Johanna weiter in die olympische Welt einzutauchen und beginnt nun im November 2024 im Marketing des Österreichischen Olympischen Comités zu arbeiten.
Johanna Bolter auf Linkedin
Abschlussarbeit Betreuung: FH-Prof. MMag. Raphaela Stadler, PhD
Datum: 17.10.24
Titelbild: Johanna Bolter (Interviewteilnehmer:innen)