TTR: Wieso ist ihr Thema für die Tiroler Tourismuswirtschaft relevant?
Jannis Braun: Nicht nur auf alpenweiter Ebene, sondern auch auf den Tiroler Tourismus heruntergebrochen, buhlen viele, ähnliche Destinationen um die Gunst potentieller Gäste. Die oft vergleichbaren natürlichen Attraktionen und bloß wenig andersartige touristische Infrastruktur erfordern effektive und vor allem differenzierende Markenstrategien innerhalb der Destinationen. In der industriellen Produktwelt wird das Konzept der Markenidentität als Grundpfeiler einer erfolgreichen und abgrenzenden Markenführung gesehen. Die Frage, ob das Konzept der identitätsbasierten Markenführung auch für alpine Destinationen praxistauglich und wie eine Markenidentität in eben diesen aufgebaut werden sollte, ist vor dem Hintergrund der drohenden Austauschbarkeit der Destinationen für die Tiroler Tourismuswirtschaft von großer Relevanz.
TTR: Was sind die Kernergebnisse der Master-Arbeit?
Jannis Braun: Die Ergebnisse der qualitativen Studie deuten darauf hin, dass das Konzept der Markenidentität in alpinen Destinationen praxistauglich, jedoch komplexer als im Kontext industrieller Produktmarken ist. Die zentrale Herausforderung bei der Anwendung liegt in der Umsetzung der Markenidentität und ihrem Nutzenversprechen innerhalb des vielschichtigen Leistungsbündels der Destination. Diese Aufgabe wird durch die Interessenpluralität im Stakeholder-Netzwerk und das fehlende Durchgriffsrecht der DMO auf die Leistungserstellung erschwert. Die Einbeziehung der Stakeholder und einer externen Agentur, sowie die Harmonie zwischen Markenidentität und Destinationsidentität und die Balance zwischen einer flexiblen und einer stabilen Markenidentität gelten bei der Anwendung als größte Erfolgsfaktoren.
Die klassischen, auf Produktmarken ausgerichteten Komponenten zur Erfassung der Markenidentität konnten grundsätzlich auf Destinationsmarken übertragen werden. Nichtsdestotrotz haben sich Aspekte ergeben, die zu einer Modifizierung der klassischen Ansätze zu einem Modell führten, das bei der Ausbildung der Markenidentität die Besonderheiten des Destinationskonstrukts beachtet.
TTR: Was kann der Tiroler Tourismus aus ihrer Arbeit lernen?
Jannis Braun: Führende Akteure der Tiroler Tourismus-Destinationen können folgendes aus der Arbeit für sich mitnehmen:
- Eine sorgsam ausgearbeitete Markenidentität als Anker der strategischen (Marken-) Entwicklung innerhalb einer Destination ist unerlässlich.
- Die Stakeholder innerhalb der Destination sollten von Beginn an in den Ablauf der Identitätsausbildung eingebunden sein.
- Die Markenidentität sollte möglichst viele Stakeholder abdecken, um der Umsetzung der Identität innerhalb der Destination eine breite Basis für ihre Durchsetzung zu geben.
- Zum anderen sollte die Markenidentität einschränkend genug sein, um nicht Abbild eines schwer nach außen kommunizierbaren touristischen Bauchladens zu sein.
- Genauso wichtig ist es, kontinuierlich sicher zu stellen, dass sich der rote Faden, den die Markenidentität vorgibt, nicht nur extern, sondern auch intern durch alle Abteilungen innerhalb der DMO zieht und das tägliche operative Geschäft leitet.
- Die Markenidentität muss aus der regionalen Identität innerhalb der Destination hervorgehen.
- Die pure Existenz einer Markenidentität differenziert nicht, eine Markenidentität, fußend auf einer Unique Selling Proposition differenziert.
Jannis Braun, Tirol Werbung
Jannis Braun M.A. absolvierte nach seinem Bachelorstudium "Angewandte Freizeitwirtschaft" seinen Master "Entrepreneurship & Tourismus" am MCI Tourismus. Während dieser Zeit absolvierte er zahlreiche Praktika in den Bereichen Marketing & Events, u.a. für die Berchtesgadener Land Tourismus GmbH oder die Oberstdorf Tourismus GmbH. Seit 2018 ist er Mitarbeiter im Content & Medien-Team der Tirol Werbung. Dort zeichnet er für die Redaktion der tirol.at, des meinTirol-Magazins" sowie den Newsletter verantwortlich und unterstützt bei der Content-Erstellung für Social Media Kanäle. Für seine Master-Arbeit erhielt er 2018 den DGT Wissenschaftspreis in der Kategorie "Beste Nachwuchsarbeit" sowie den 3. Platz in der Kategorie "Marketing & Destinationsmanagement” des Tourissimus 2018.