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Innovative Ideen für die Knappenwelt

Wie Studierende Service Design in einem Praxisprojekt anwenden
Knappenwelt Tarrenz Service Design MCI Tourismus
Im Zuge einer Lehrveranstaltung lernen Master-Studierende "Service Design" Methoden kennen, indem sie selbst einen Design Sprint durchlaufen und Lösungen für ein Tiroler Outdoor-Bergbaumuseum entwickeln.

Der Lehrveranstaltungplan des 2. Semesters Master "Entrepreneurship & Tourismus" am MCI Tourismus enthält den Kurs "Service Design". Auch wenn viele Studierende bereits von Touchpoints, Customer Journeys oder Personas gehört haben, haben wenige eine genaue Vorstellung davon, was sie in dieser Lehrveranstaltung (LV) erwartet. Seit bereits 6 Jahren wird diese LV von vier Lektor:innen bespielt. Zwei davon haben Service Design zu ihrem Beruf gemacht und arbeiten täglich mit weltweiten Unternehmen an der Verbesserung ihrer Dienstleistungen und Produkte, die anderen beiden haben einen wissenschaftlichen Hintergrund. Dieser Mix sowie die Möglichkeit, gemeinsam diesen Kurs zu planen und zu bespielen, bietet viele Vorteile.

Seit letztem Jahr, in dem das MCI Tourismus durch die Corona-Krise zu Beginn des Sommersemesters bereits die Lehre auf online umstellte und wir als Lektorenteam genau einen Tag hatten, um diese Umstellung zu vollziehen, wurde 2021 diese Format bereits zum zweiten Mal online durchgeführt. Um den Studierenden eine möglichst reale Situation zu bieten, war es immer unser Anliegen, mit echten Partnern zusammenzuarbeiten. Dieses Jahr war es die Knappenwelt im Tiroler Unterland, ein Outdoor-Bergbaumuseum in Tarrenz bei Imst, welches aufgrund der Vereinsstruktur und der Einbindung sehr vieler Freiwilliger, vielfach an seine Kapazitätsgrenzen stieß. Aufgabe der Studierenden war es, im Zuge eines 3-tägigen Service Design Sprints Verbesserungen für die Knappenwelt auszuarbeiten bei gleichzeitig sehr knappen Budgets.

Folgend dem Double Diamond bekamen die Studierenden zu Beginn einen kurze, theoretische Einführung in das Thema Service Design, sowie eine erste Einführung in Miro, ein Online-Tool für kollektive Teamarbeit. Dieses Tool enthielt den gesamten Aufbau des Kurses, Präsentationen, Links sowie Arbeitsbereiche für die einzelnen Gruppen. Nach einer Einführung in die Knappenwelt durch Jürgen Kiechl begannen die Studierenden damit, von uns Lektorinnen vorbereitete Journal-Artikel zum Thema Museen und Insezenierung sowie Videos und Links zur Knappenwelt zu sichten (DISCOVER).

Zusätzlich zu einem ersten Desk Research wurden auch Interviews mit Mitgliedern der Knappenwelt in Breakout Rooms durchgeführt. Dies ermöglichte den Studierenden, die aktuelle Situation besser zu verstehen und Probleme zu eruieren. Als erste Aufgabe sollten Probleme der Knappenwelt auf Basis von Zahlen, Daten, Fakten sowie Erkentnisse aus den Interviews auf digitalen Research Walls in Miro erfasst werden, umd daraus Forschungsfragen abzuleiten. Da es ist nicht immer von Vornherein klar ist, was eigentliche Problem ist, sollte man sicher gehen, dass man das richtige Problem lösen möchte (DEFINE).

Miro Research Wall

Nachdem die Studierenden sich somit lange Zeit mit dem Problem an sich beschäftigt haben, bewegten wir uns erst dann heraus aus dem Problemraum hin zum Lösungsraum. Dies ist einfacher gesagt als gedacht, da auch die Studierenden bei der Bearbeitung des Problems häufig schon "die richtige" Lösung parat gehabt hätten. Bei der Ideenfindung (Ideation) nutzten wir zu Beginn unser Schwarmwissen und kreierten mit Hilfe der Crazy 8 möglichst viele Ideen. Dabei sollen dem kreativen Denken keine Hindernisse in den Weg gelegt werden, um in kurzer Zeit möglichst viele verschiedene Ideen zu produzieren. Diese Ideen wurden dann mit Hilfe des Kano-Modells in eine Matrix eingeteilt. Mindestens zwei dieser Ideen wurden als Basis für das weitere Prototyping ausgewählt (DEVELOP).

Service Design MCI Tourismus Knappenwelt Ideation

Beim Prototyping geht es darum, die Idee zu konkretisieren und erlebbar zu machen, um sie in einem weiteren Schritt testen zu können. Dabei konnten die Studierenden unterschiedliche Arten des Prototypings ausprobieren wie Service Ads, Desktop Walthroughs, Investigative Rehearsal oder Wireframes für digitale Services. In mehreren Test-Runden konnten so Studierende ihre Ideen ausprobieren und wertvolles Feedback von Familien, FreundInnen, Bekannten, Mitstudierenden oder den ExpertInnen der Knappenwelt einholen und dementsprechend adaptieren und weiterentwickeln. Sehr schnell zeigen sich dadurch reelle Schwachstellen, neue Aspekte, welche bis hin zur Erkenntis führten, dass manche Ideen einfach keinen Sinn machten (fail fast, fail cheap). Unter den Ideen fanden sich die Vermietung der Location über Airbnb, Escape Games in der Bergmine, Mine'n'Dine Angebote, Food Truck Festivals und Kulinarikkonzepte für die fehlende Gastro vor Ort, die Knappencrew Card als Anreiz für freiwillige MitarbeiterInnen, eine bessere Anbindung der Knappenwelt an den Gurgeltal Radweg, Schmiede-Workshops, bei dem eigene Andenken oder sogar ein Verlobungs- oder Ehering kreiert werden, eine mörderische Dinnerparty, ein verbesserter Social Media Auftritt oder ein Knappenwelt Shuttle für eine bessere Anbindung.

Service Design MCI Tourimsus Knappenwelt

Mine and Dine

Am Ende des Kurses stand dann ein 3-Minuten-Pitch, in welchem jede Gruppe den Prozess vom Problem bis hin zu ihrer Lösung vor den Mitgliedern der Knappenwelt präsentieren durfte. Es war schön mit anzusehen, wieviele kreative und vor allem auch umsetzbare Ideen in nur sehr kurzer Zeit zum Leben erweckt wurden.

"Wow, so viele Ideen. Über einige haben wir bereits selber gedacht, aber viele andere waren neu." (Maria Schwarz)

"Es war wirklich überraschend, mit wie viel Professionalität und Energie die Lehrveranstaltung von den Studierenden bewältigt wurde. Schon in der Pause gingen die Gedanken weiter und wir haben verschiedenen Ideen diskutiert. " (Jürgen Kiechl)

"Grandiose Ideen, allesamt. Sie haben alle Hand und Fuß." (Werner Kräutler)

"Hut ab, was in dieser kurzen Zeit an Herzblut und Energie hineingesteckt wurde." (Iris Rataitz-Kiechl)

"Voll von Stärken in allen 12 Projektideen. Obwohl möglichst viele der Projekte in die Tat umgesetzt werden können. Die Studierenden haben wahnsinnig viel Herzblut und Hirnschmalz investiert." (Peter Hild)

Service Design MCI Tourismus Knappenwelt

Nach drei äußerst intensiven Tagen, war es dann auch wichtig, das Ganze erst mal Sitzen und Nachwirken zu lassen. In einer nachgelagerten Student Journey reflektierten die Studierenden im Nachhinein in kreativer Form - als Video, Prezi oder Journey Map - ihre Lernerfahrung, die wichtigsten Erkenntnisse, aber auch Highlights und Pain Points. Studierende schätzten die Interaktivität des Kurses, die Zusammenarbeit mit der Knappenwelt und vor allem die Menschen dahinter. Mal nicht etwas für die Schublade zu produzieren, sondern aktiv an einem echten Projekt mitarbeiten zu können, motivierte die Studierenden zusätzlich. Teilweise waren sie sogar selbst von ihrer eigenen Kreativität überrascht. Das Sprint Format war aber auch sehr anspruchsvoll und Studierende mussten unter hohem Zeitdruck arbeiten. Die Studierenden lernten zudem, wie man Perfektionismus loslassen und dadurch höhere Effizienz erreichen kann.

"Es war herausfordernd, fesselnd, interessant und lehrreich zugleich." (Master-Studierender)

"Die Beschäftigung mit einem konkreten Fall in Kombination mit der Struktur des Kurses, den Interviews mit den Teilnehmern und der Motivation der Vorträgenden hat mir am Ende eine klare Definition von Service Design gegeben." (Master-Studierender)

"Wir fanden es toll zu sehen, wie der gleiche Prozess zu so vielen verschiedenen Perspektiven auf die Aufgabe und am Ende zu so vielen verschiedenen Ausarbeitungen führte."

Student journey map

In diesem Sinne bedanken wir uns bei der Knappenwelt für die tolle Zusammenarbeit, bei unseren beiden Service Design Experten Klaus Schwarzenberger von More than Metrics sowie Markus Hormeß von WorkPlayExperience und natürlich auch den Studierenden für ihre Engagement.

Im Herbst wird es dann hoffentlich soweit sein, dass die Situation ein persönliches Kennenlernen zulässt sowie als Dankeschön von der Knappenwelt eine Zusammenkunft vor Ort in Tarrenz mit den Studierenden und Verantwortlichen der Knappenwelt möglich sein wird. Somit können sich die Studierenden dann selbst von der ersten Umsetzung ihrer Ideen überzeugen.

 

Dr. Birgit Bosio

Forschungsschwerpunkt
Tourismustrends, Service Design, Customer Experience, Alpiner Tourismus, Nachhaltigkeit & Tourismus
Position bzw. Aufgabe
Hochschullektorin

Birgit Bosio hat den ersten Diplomjahrgang des MCI Tourismus absolviert und anschließend zwei Jahre in der Marktforschung der Tiroler Werbung gearbeitet. Gemeinsam mit Hubert Siller (MCI) und Michael Brandl (ehemals TW) zeichnet sie für die Entstehung des TTR verantwortlich. 2016 hat sie an der Universität Salzburg promoviert.

“Die Arbeit mit dem TTR ist spannend, da man sich täglich mit neuen Entwicklungen & Trends beschäftigen und ständig am Ball bleiben muss. Gleichzeitig stellt es aber dauernd eine Herausforderung dar, dem Nutzer diese Informationen kundengerecht und in der richtigen Dosis interessant aufzubereiten.”

Im TTR Team seit: November 2006

Zuständig für: Strategie & Konzeption, Tourismusforschung, Content Management, Social Media

Janosch Untersteiner MA

Forschungsschwerpunkt
Touristische Wettbewerbsfähigkeit von Destinationen, Marketing-Controlling & Service Design
Position bzw. Aufgabe
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Janosch Untersteiner hat im Jahr 2002 den 2-jährigen Lehrgang zur “Diplomierten Fachkraft für das Hotel- und Tourismusmanagement” besucht. Nach mehrjähriger Berufserfahrung  absolvierte er das Bachelor- und Masterstudium am MCI Tourismus. Seit 2013 ist Janosch wissenschaftlicher Mitarbeiter am MCI Tourismus.

“Der ttr.tirol ist eine spannende Online-Plattform, die touristisches Expertenwissen einfach und übersichtlich für die touristische Praxis aufbereitet. Mein Ziel ist es, komplexe statistische Daten flexibel, einfach und übersichtlich aufzubereiten und in Zusammenhang mit aktuellen Entwicklungen zu setzen.”

Im TTR Team seit: Februar 2013

Zuständig für: Strategie & Konzeption, Tourismusforschung, Destination Performance

Titelbild: Knappenwelt; weitere Bilder: MCI Tourismus