TTR: Wieso ist das Thema für die Tiroler Tourismuswirtschaft relevant?
Verena Klumaier: In Anbetracht der bevorstehenden Wintersaison ist das Thema des MitarbeiterInnenmangels im Tourismus viel diskutiert. Mehr denn je kämpft die Tourismusbranche mit einem Verlust der Arbeitgeberattraktivität und einem Mangel an Fachpersonal. Dies ist unter anderem auf die anhaltende Pandemie samt eingeschränkter Planbarkeit als auch auf die Abwanderung vieler MitarbeiterInnen in eine andere Branche zurückzuführen. Um diesen Herausforderungen am Arbeitsmarkt entgegenzuwirken, sind gezielte Employer Branding Maßnahmen erforderlich, welche die Attraktivität der Arbeitsplätze in der familiengeführten Hotellerie hervorheben und eine starke Arbeitgebermarke etablieren. Denn eine Arbeitgebermarke ermöglicht es, sich von den Wettbewerbern abzuheben und qualifizierte MitarbeiterInnen anzusprechen. Besonders die familiengeführte Hotellerie weist durch die starke Präsenz der Unternehmerfamilie spezielle Merkmale auf, welche sich positiv auf das Arbeitgeberimage und die Attraktivität des Arbeitsplatzes auswirkt.
Für eine erfolgreiche Umsetzung ist es daher notwendig, dass ein Unternehmen die Anforderungen, Wünsche, Einstellungen und Werte der MitarbeiterInnen und BewerberInnen versteht und dieses Wissen auch in das Employer Branding miteinbezieht. Da die Hotellerie über eine multigenerationale Mitarbeiterstruktur verfügt, was bedeutet, dass verschiedene Generationen Seite an Seite arbeiten, bringt jede Generation unterschiedliche Einstellungen und Werte an den Arbeitsplatz mit. Demnach differenziere ich in meiner Forschung zwischen der Generation X (1965 – 1980), Generation Y (1981 – 1994) und Generation Z (ab 1995), zeige die Unterschiede zwischen den Generationen auf und leite gezielte Maßnahmen in Bezug auf das Employer Branding ab.
TTR: Was sind die Kernergebnisse Ihrer Arbeit und welche Bedeutung haben diese für die familiengeführte Hotellerie?
Verena Klumaier: Um die Unterschiede zwischen Generation X, Y und Z in Bezug auf deren Anstellung in einem familiengeführten Hotelbetrieb festzustellen, wurden vorab acht Bereiche definiert, in welche sich die MitarbeiterInnen in Bezug auf Einstellung, Werte und Verhaltensweisen unterscheiden könnten. Diese Bereiche wurden zum Teil aus der bestehenden Literatur und verwandter Forschung abgeleitet und mit weiteren Aspekten, welche für die eigene Arbeit relevant waren, adaptiert. Die acht Bereiche setzten sich zusammen aus der Absicht in der familiengeführten Hotellerie zu arbeiten, Arbeitsethik und Werte, Arbeitsatmosphäre, Karrierechancen, Work-Life-Balance, Attraktivität der Aufgaben, attraktives Einkommen und instrumentelle und symbolische Merkmale der Arbeitgeberattraktivität.Für die empirische Studie der Masterarbeit habe ich eine quantitative Methode, einen standardisierten Online-Fragebogen, gewählt. Dabei wurden ehemalige und aktuelle MitarbeiterInnen der familiengeführten Hotellerie zu den oben erwähnten Bereichen befragt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich Generation X, Y und Z in vier dieser acht Bereiche signifikant unterscheiden. Und zwar in deren Einstellung hinsichtlich Arbeitsethik und Werte, Karrierechancen, Attraktivität der Aufgaben und instrumentelle und symbolische Merkmale der Arbeitgeberattraktivität.
In Bezug auf die Arbeitsethik und Werte sind signifikante Unterschiede hinsichtlich der Akzeptanz gegenüber Bürokratie, der Loyalität und des Selbstvertrauens der MitarbeiterInnen zu erkennen. Bei den Karrieremöglichkeiten ist zu erkennen, dass die Generationen eine unterschiedliche Wahrnehmung des Angebots von Mentoring-Programmen und dem Erhalt von regelmäßigem Feedback haben. Der Bereich, welcher die Attraktivität der Aufgaben untersucht, zeigt, dass signifikante Unterschiede in Bezug auf die Bedeutung von herausfordernden Aufgaben und die Verbindung zu den Aufgaben bestehen. Die instrumentellen und symbolischen Merkmale veranschaulichen, dass eine signifikant unterschiedliche Wahrnehmung der Arbeitgeberattraktivität hinsichtlich der angebotenen Teamaktivitäten und der Nachhaltigkeit eines Unternehmens vorherrscht.
TTR: Welche praxisrelevanten Ergebnisse liefert Ihre Masterarbeit und welche konkreten Handlungsempfehlungen geben Sie?
Verena Klumaier: Ziel meiner Masterarbeit war es, für jede Generation eine repräsentative Employee Persona zu erstellen, welche die identifizierten Charaktereigenschaften und Einstellungen zur Arbeit von Generation X, Y und Z abbilden. Diese praxisorientierten Ergebnisse sollen familiengeführten Hotelunternehmen helfen, die Bedürfnisse der einzelnen Generationen besser zu verstehen, um sich als attraktiven Arbeitsplatz zu positionieren. Da das Alter der MitarbeiterInnen als Unterscheidungsmerkmal herangezogen werden kann, sollen familiengeführte Hotelbetriebe in Zukunft einen generationsbewussten Ansatz wählen, um neue MitarbeiterInnen zu rekrutieren und die Loyalität des bestehenden Personals zu stärken. Zudem fordert meine Masterarbeit dazu auf, dass sich familiengeführte Hotelbetriebe selbst Gedanken über ihre eigenen Employee Personas machen sollten. Die Erkenntnisse, welche beispielsweise durch eigene Mitarbeiterbefragungen gewonnen werden, können in weiterer Folge sofort in das Employer Branding und in den Aufbau einer starken Arbeitgebermarke eingebaut werden.
Verena Klumaier
2016 kam die gebürtige Steirerin Verena Klumaier für das Bachelorstudium „Unternehmensführung in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft“ nach Innsbruck und absolvierte anschließend auch das Masterstudium „Entrepreneurship and Tourism“ am Management Center Innsbruck. Während ihrer Ausbildung sammelte sie Erfahrung als Projektassistentin in einem renommierten Beratungsunternehmen für Hotellerie und Destinationsentwicklung, sowie als Marketing & Sales Manager in einem Tiroler Designhotel. Seit dem Abschluss des Masterstudiums im Herbst 2021 ist Verena Klumaier in der Abteilung Recruiting & Employer Branding bei den ÖBB tätig.
Verena Klumaier auf LinkedIn
Titelbild: Tirol Werbung
Datum: 21.12.2021