TTR: Wieso ist das Thema für die Tiroler Tourismuswirtschaft relevant?
Katharina Wohlgenannt: Der Fachkräftemangel innerhalb der Tiroler Tourismuswirtschaft ist unbestreitbar eine der größten Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft. Gerade in den Bereichen Gastronomie und Hotellerie wird sich die Arbeitskräftesituation in den kommenden Jahren weiterhin verschärfen. Dem AMS Tirol zufolge gibt es im Tourismus mehr offene Stellen als je zuvor und auch laut der Prognose des Fachkräftemonitors Tirol könnten bis zum Jahr 2030 über 35.000 Fachkräfte branchenübergreifend in Tirol fehlen. Besonders betroffen sind dabei familiengeführte KMU, denen es, trotz ihrer tragenden Rolle innerhalb der Tiroler Wirtschaftsstruktur, Schwierigkeiten bereitet qualifizierte MitarbeiterInnen zu rekrutieren und zu binden. Um dieser Problematik entgegenzuwirken, schlagen Theorie und Praxis Employer Branding als geeignete Strategie zur Schaffung einer Arbeitgebermarke und zur Gewinnung sowie Bindung der besten Arbeitskräfte vor. Im Zentrum steht dabei die Arbeitgeberattraktivität, die maßgeblich beeinflusst, wer als Arbeitgeber erster Wahl auf dem Markt wahrgenommen wird. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Employer Branding, der Arbeitgeberattraktivität und wie diese sich für die Generationen X, Y und Z unterscheidet, ist daher in Anbetracht der sich zuspitzenden Situation essenziell, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
TTR: Was sind die Kernergebnisse Ihrer Arbeit und welche Bedeutung haben diese für familiengeführte KMU in touristischen Destinationen?
Katharina Wohlgenannt: Im Rahmen der Arbeit wurden konkrete Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren für familiengeführte KMU auf Basis aktueller Literatur ermittelt, in zehn Dimensionen zusammengefasst und schließlich innerhalb des deutschsprachigen Raums jeweils für die Generationen X, Y und Z quantitativ überprüft. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich die Generationen grundsätzlich bei der Beurteilung der einzelnen Faktoren nach ihrer Wichtigkeit kaum unterscheiden. Allen Generationen sind eine positive Arbeitsatmosphäre und Teamwork am wichtigsten, während gehaltsunabhängigen Sonderleistungen weniger Wert zugeschrieben werden. Wird allerdings der Einfluss der jeweiligen Dimension auf die Arbeitgeberattraktivität betrachtet, so ergeben sich generationsspezifische Unterschiede. Damit lässt sich für jede Generation ein konkreter Kriterienkatalog bestimmen, der diejenigen Faktoren aufführt, welche für die jeweilige Altersgruppe bei der Arbeitsplatzwahl besonders von Relevanz sind. Abbildung 1 fasst dabei die Top fünf Kriterien pro Generation zusammen.
Der aufgestellte Kriterienkatalog liefert familiengeführten KMU konkrete Anhaltspunkte zur Implementierung spezifischer Maßnahmen pro Generation, die für die Rekrutierung und Bindung von qualifizierten Arbeitskräften von Bedeutung sind. Damit stellt der Output der Masterarbeit ein nützliches Werkzeug dar, um das Employer Branding von kleinen und mittleren Familienunternehmen in touristischen Destinationen in Bezug auf die Generationen zu optimieren und gegen den Fachkräftemangel anzukämpfen.
TTR: Welche konkreten Handlungsempfehlungen geben Sie in Ihrer Masterarbeit?
Katharina Wohlgenannt: Grundsätzlich gilt es für kleine und mittlere Familienunternehmen erste Maßnahmen zu setzen, um sich mithilfe von Employer Branding erfolgreich auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren. Denn ohne entsprechendes Entgegenwirken, wird der Fachkräftemangel überhandnehmen und sich die Situation für die Betriebe weiter verschärfen. Es gilt also die präsentierten Kriterien bei der Entwicklung einer Employer Branding Strategie für die Generationen X, Y und Z zu berücksichtigen, auf die Wünsche der jeweiligen Generation einzugehen und konkrete Maßnahmen im Unternehmen zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität zu implementieren. Auch DMOs oder Recruiting Unternehmen können die Ergebnisse nutzen, um die Unternehmen, die sie betreuen, bei der Gewinnung und Bindung von MitarbeiterInnen zu unterstützen. Damit liefert die Arbeit eine Perspektive, wie Tiroler familiengeführte KMU langfristig gegen den Fachkräftemangel vorgehen und sich in Zukunft erfolgreich auf dem Arbeitsmarkt behaupten können.
Katharina Wohlgenannt
Katharina Wohlgenannt hat nach dem erfolgreichen Abschluss des Bachelorstudiums „Unternehmensführung in der Tourismus- & Freizeitwirtschaft“ am Management Center Innsbruck nun auch das Masterstudium „Entrepreneurship & Tourism – Strategisches Management“ mit Auszeichnung absolviert. Aufgewachsen im familiengeführten 4-Sterne Genuss- & Aktivhotel Sonnenburg liegen der Vorarlbergerin kleine sowie mittlere Familienunternehmen und deren Erfolg besonders am Herzen. Hier konnte sie schon während des Studiums wertvolle Erfahrungen als Assistentin der Geschäftsleitung mit Schwerpunkt Marketing, HRM sowie Pricing sammeln und die theoretischen Inhalte praktisch anwenden. Seit November 2021 ist sie beim Stubaier Gletscher in der Marketingabteilung tätig.
Katharina Wohlgenannt auf LinkedIn
Masterarbeit Betreuung: FH-Prof. PD Dr. habil. Anita Zehrer
Titelbild: Canva
Datum: 07.12.2021