Die Wintersaison startet laut Definition am 1. November. Während im November 2019 die Saison noch recht ähnlich wie im Vorjahr begonnen hatte, zeichnete sich in den drei Folgemonaten eine sehr positive Entwicklung ab. Im Dezember gab es ein Plus von knapp +7% bei den Nächtigungen, im Jänner von +5% und im Feber sogar von +12%. Somit lag man kumuliert bis Ende Feber bei einem Plus der laufenden Wintersaison von +8%. Doch dann kam die Covid-19 Krise und mit Mitte März wurden in Tirol alle Beherbergungs-, Gastronomie-, Seilbahnbetriebe sowie Freizeiteinrichtungen geschlossen. Der März verzeichnet dadurch einen Rückgang von -58%. Im April kam der gesamte Tourismus in Tirol beinahe zum Stillstand. Gerade noch knapp 40.000 Übernachtungen wurden in diesem letzten Monat der Wintersaison registriert und damit ein Minus von -99%. Im Vorjahr machte der April immerhin noch knapp 10% der gesamten Winternächtigungen aus. Die Wintersaison 2019/20 schloss somit mit einem Einbruch von -17% bzw. 22,9 Mio. Nächtungen sowie -20% bzw. 5 Mio. Ankünften. Im langfristigen Vergleich fällt der Tiroler Tourismus damit auf das Niveau der Nächtigungen von vor 20 Jahren zurück, bei den Ankünften auf das Niveau von 2008/09.
Betrachtet man nun die einzelnen Tourismusverbände, so wird recht klar, dass es die Gletscherregionen bzw. Regionen mit hoch gelegenen Skigebieten durch die verkürzte Wintersaison am stärksten getroffen hat: Paznaun-Ischgl (-24%), Stubai (-23%), St. Anton am Arlberg (-21%), Tux-Finkenberg (-20%) oder Ötztal (-20%). Auch Innsbruck und seine Feriendörfer (-24%) hat starke Rückgänge zu verzeichnen. Regionen, wo der Winter üblicherweise nicht so lange dauert, haben hingegen weniger starke Einbußen zu verzeichnen, so wie z.B. der Wilde Kaiser, Osttirol, das Pillerseetal, die Ferienregion Hohe Salve (je -9%) oder Seefeld (-8%).
Prozentuell gesehen waren die Rückgänge bei den Herkunftsmärkten bei einigen Fernmärkten am stärksten. So kam es beim chinesischen Markt aufgrund des früheren Ausbruchs von Covid-19 zu einer Halbierung der Nächtigungen. Starke Einbrüche gab es auch bei Norwegen (-41%), Lettland (-32%) und Israel (-29%). Jedoch wissen wir hier, dass diese Ausfälle von recht geringen absoluten Zahlen ausgehen. Aber auch bei einigen europäischen Ländern waren die Rückgänge, nicht nur in prozentuellen Zahlen, besonders hoch. Das Minus von 26% am italienischen und belgischen Markt schlägt mit -83.000 bzw. -266.000 Nächtigungen, -24% bei UK mit 909.000 Nächtigungen und das Minus von -16% am deutschen Markt gar mit -2.262.000 Nächtigungen zu Buche.
Bei den Unterkunftsbetrieben ist der Rückgang bei den gewerblichen Betrieben und den Privatquartieren mit jeweils -17% gleich auf. Die gewerblichen (-12%) und privaten Ferienwohnungen (-14%) schneiden hier etwas besser ab. Stärker hat es hingegen Schutzhütten (-36%) oder Campingplätze (-19%) getroffen. Gleichzeitig muss man jedoch darauf hinweisen, dass diese im Winter nur wenig Gewicht haben. Schutzhütten machen nur 0,3% der Gesamtnächtigungen aus, Campingplätze 1,4%. Gewerbliche Übernachtungen fallen mit insgesamt 72% weitaus stärker ins Gewicht.
Der Blick über die Bundesgrenzen hinweg zeigt zudem, dass Tirol beinahe gleichauf mit dem gesamt österreichischen Ergebnis liegt. Hier lag der Rückgang der Nächtigungen bei -18%. In Salzburg und Kärnten war der Rückgang etwas geringer (-14%), in Vorarlberg (-19%), Oberösterreich (-24%) und Wien (-28%) lag er über dem österreichischen Durchschnitt (Statistik Austria). Für Bayern liegt das Endergebnis derzeit noch nicht vor. Aber auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild mit einer recht positiven Bilanz bis zum Feber (der auch hier ein Plus von +7% einbrachte), im März dann aber bereits einen Einbruch von -53% (Statistik Bayern). Ebenso verhält es sich in Südtirol, wo es bis Feber ein Plus von 10% bei den Nächtigungen und Ankünften zu verzeichnen gab. Durch die Covid-19 bedingten Ausfälle schloss die Wintersaison dann jedoch mit einem Minus von -22% bei den Nächtigungen und -23% bei den Ankünften. Durch die früheren Schließungen fielen hier im März bereits -78% der Nächtigungen aus (ASTAT).
Neben der Nächtigungsstatistik hat das MCI Tourismus auch Umsatzausfälle für den Tiroler Tourismus aufgrund der Covid-19 Krise berechnet. Vergleicht man die hochgerechneten tatsächlichen Umsätze mit einem Szenario ohne Covid-19 so ergeben sich durch das vorzeitige Saisonende im Winter 2019/20 Mindereinnahmen von € 1,34 Milliarden. Berechnet man zusätzlich noch den Wertschöpfungsausfall über die Wertschöpfungsquote, so ergibt sich ein Verlust von € 673 Millionen bzw. -21%. Diese Ausfälle stellen allerdings nur die direkt aus dem Tourismus generierten Wertschöpfungseffekte dar.
"Man darf nicht vergessen, dass der Tourismus auch sehr starke indirekte Wertschöpfungseffekte auf viele andere Wirtschaftszweige hat. Das hat sich jetzt in der Krise vor allem bei den Vorleistungsbetrieben des Tourismus - wie z.B. Milchlieferanten oder Bierbrauereien - bemerkbar gemacht." Tanja Hörtnagl-Pozzo, Lektorin am MCI Tourismus
Laut Tirol Werbung sind die Aussichten für die kommende Sommersaison gar nicht so schlecht. Mit den Grenzöffnungen steigt im Land die Stimmung unter den TouristikerInnen. Der Mai 2020 fällt aufgrund der verordneten Betriebsschließungen weg. Dieser machte im Jahr 2019 aber auch nur 6% der gesamten Sommersaison aus. Die Buchungslage steigt laut Florian Phleps - auch aufgrund der Grenzöffnungen, kontinuierlich. Mit dem Slogan #esgehtbergauf bewirbt die Landestourismusorganisation vor allem einen naturnahen und nachhaltigen Sommerurlaub. Diesen Trend bestätigt auch das ÖW Global Dashboard, welches steigende Anfragen und Buchungen von Easybooking ausgibt.
Detaillierte und individuell angepasste Analysen können am TTR mit Hilfe der interaktiven Statistik erstellt werden. Diese ermöglicht es auch, Daten in unterschiedlichen Formaten zu exportieren und damit für eigene Berichte oder Präsentationen zu übernehmen.
Titelbild von Jantine Doornbos auf Unsplash
Dr. Birgit Bosio
Birgit Bosio hat den ersten Diplomjahrgang des MCI Tourismus absolviert und anschließend zwei Jahre in der Marktforschung der Tiroler Werbung gearbeitet. Gemeinsam mit Hubert Siller (MCI) und Michael Brandl (ehemals TW) zeichnet sie für die Entstehung des TTR verantwortlich. 2016 hat sie an der Universität Salzburg promoviert.
“Die Arbeit mit dem TTR ist spannend, da man sich täglich mit neuen Entwicklungen & Trends beschäftigen und ständig am Ball bleiben muss. Gleichzeitig stellt es aber dauernd eine Herausforderung dar, dem Nutzer diese Informationen kundengerecht und in der richtigen Dosis interessant aufzubereiten.”
Im TTR Team seit: November 2006
Zuständig für: Strategie & Konzeption, Tourismusforschung, Content Management, Social Media