TTR: Wieso ist das Thema für die Tiroler Tourismuswirtschaft relevant?
Kai Bader: Digitalisierung und effektives Marketing sind heute untrennbar miteinander verbunden. Traditionelle Marketingaktivitäten sind ohne die Ergänzung mit digitalem Marketing längst nicht mehr effektiv. Aus dem Digital Dossier des BMDW (Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) geht jedoch hervor: Lediglich 34 % der österreichischen KMUs betreiben Suchmaschinenoptimierung und nur rund ein Viertel nutzt digitale Werbemaßnahmen wie Google Ads. Auch in der Hotelindustrie lassen sich gravierende Rückstände im Bereich der digitalen Kommunikation und des digitalen Marketings feststellen.
Besonders betroffen sind kleine und mittelgroße Tourismusbetriebe, wozu der überwiegende Teil der Tiroler Unternehmen gehört. Problematisch ist das, weil Reisende ihre Kaufentscheidungen heute vorwiegend über digitale Kanäle vorbereiten und treffen. Eine starke und nachhaltige Wettbewerbsposition hängt daher entscheidend von der Online-Präsenz der Hotels ab. Aber hier gibt es eine „digitale Kluft“, die sich in den durchdigitalisierten Entscheidungsprozessen auf Kundenseite und der nach wie vor eher traditionellen Marketingdenkweise auf Unternehmensseite manifestiert. Meine Intention war es, mit meiner Masterarbeit eine empirische Grundlage zu schaffen, um diese Kluft schrittweise zu verringern.
TTR: Was sind die Kernergebnisse Ihrer Arbeit und welche Bedeutung haben diese für Hotelbetriebe sowie politische Entscheidungsträger?
Kai Bader: Auf der Grundlage einer empirischen Stichprobe von 219 Tiroler KMU-Hotels konnte ich zunächst nachweisen, dass Tiroler KMU-Hotels digitales Marketing überwiegend mit einer mittleren Intensität nutzen. Durchschnittlich setzen sie fünf Marketingkanäle ein. Die Spannweite ist mit 13 jedoch hoch: Es gibt Hotels, die lediglich ein oder zwei digitale Marketingkanäle einsetzen. Andere dagegen setzen bis zu 13 verschiedene Kanäle simultan ein. Spannend ist auch folgende Erkenntnis: 75 % der befragten Hotels lassen die eingesetzten digitalen Marketingkanäle (teilweise) extern betreuen. Lediglich ein Viertel setzt das digitale Marketing vollständig inhouse um.
In meiner Studie habe ich – wie der Titel meiner Arbeit verrät – nach Faktoren gesucht, mit denen ich vorhersagen kann, ob ein Hotel digitales Marketing einsetzt oder nicht. Insgesamt habe ich neun solcher Faktoren untersucht. Und ich konnte zeigen, dass sich sechs davon signifikant auf die Einführung von digitalem Marketing auswirken (siehe Abbildung 1).
Organisatorische und umweltbezogene Faktoren haben den größten Einfluss auf die Einführung von digitalem Marketing. Im organisationalen Kontext zeigten sich die Faktoren Unterstützung durch das Top-Management sowie die Verfügbarkeit finanzieller Ressourcen als signifikant. Außerdem waren alle drei untersuchten umweltbezogenen Faktoren, d. h. der wahrgenommene Wettbewerbs- und Kundendruck sowie die Verfügbarkeit externer Unterstützung, signifikante Prädiktoren. Bezüglich des technologischen Kontexts zeigte sich der wahrgenommene relative Vorteil als wesentlicher Treiber für digitales Marketing.
Anhand der Studienergebnisse können EntscheidungsträgerInnen Maßnahmen entwickeln, die die Einführung von digitalem Marketing in Tiroler KMU-Hotels wirksam fördern.
TTR: Welche konkreten Handlungsempfehlungen geben Sie in Ihrer Masterarbeit?
Kai Bader: Zunächst verdeutlichen die Studienergebnisse die zentrale Rolle der Führungskräfte. Eine wichtige Aufgabe ist daher, das Führungspersonal für den Nutzen des digitalen Marketings zu sensibilisieren. Ich konnte auch zeigen, dass etwa fehlende Mitarbeiterkompetenzen dazu führen können, in eine Abhängigkeit von externen Dienstleistern zu geraten. Investitionen in Schulungsprogramme, um die Fähigkeiten ihrer MitarbeiterInnen im Umgang mit digitalem Marketing zu verbessern, sind daher empfehlenswert.
Auch auf politischer Seite gibt es Bedarf an Maßnahmen. Etwa der Ausbau von Förderungen für digitales Marketing oder die Organisation attraktiver Finanzierungsmöglichkeiten für Investitionen in Digitalisierungsmaßnahmen. Ein weiterer Schwerpunkt sollte die Schaffung von Angeboten für Weiter- und Fortbildungen im Kontext des digitalen Marketings sein. Als Zielgruppe sollten insbesondere Führungskräfte berücksichtigt werden, da diese im Unternehmen die Weichen stellen und daher als erstes überzeugt werden müssen.
Kai Bader (c) Kiechl MCI
Kai Bader studierte am MCI Tourismus „Unternehmensführung in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft“ im Bachelor und rundete seine akademische Laufbahn mit dem Masterstudiengang „Entrepreneurship & Tourism“ (Schwerpunkt Marketing Management) am MCI Tourismus ab. Bereits während des Bachelorstudiums machte er sich im Bereich Online-Marketing selbstständig und startete unter anderem einen Podcast und mehrere Blogs. Seit August 2022 arbeitet er als Online-Marketing-Manager bei FACTOR Innsbruck.
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Masterarbeit Betreuung: FH-Prof. Dr. Christoph Engl
Bildnachweis: Tirol Werbung, Schreyer David
Datum: 20.12.2022