TTR: Was ist das Haus der Digitalisierung und wie ist es zu diesem Projekt gekommen?
Johannes Eßmeister: Das Programm Haus der Digitalisierung ist eine Initiative des Landes NÖ, die im Zuge der Erstellung der NÖ Digitalisierungsstrategie 2017 entstanden ist. Es verfolgt dabei folgende Ziele:
- die Steigerung der Transformationsgeschwindigkeit von NÖ-Unternehmen
- die fachübergreifende und internationale Forschung stärken und ausbauen
- Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung stärken
- einen niederschwelliger Zugang für Unternehmen zu wissenschaftlichen Einrichtungen ermöglichen
- Leit-und Demonstrationsprojekte über alle Themenbereiche hinweg iniziieren
- mögliche Ängste durch Information in Interesse verwandeln
Unsere Vision ist es dabei, Technologie zu begreifen, Netzwerke zu nutzen, Kompetenzen abzuholen und konkrete Ideen umzusetzen. Dies soll in folgenden drei Schritten erfolgen:
Schritt 1:
In einem ersten Schritt wurden sogenannten digitale Knotenpunkte entwickelt (St. Pölten, Krems, Wieselburg, Tulln, Klosterneuburg und Wr. Neustadt), die sowohl untereinander, als auch mit bestehenden Netzwerken eng verbunden wurden. Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Verwaltung sowie Forschung und Lehre werden in einem institutionenübergreifenden und niederösterreichweit-umfassenden Kompetenznetzwerk gebündelt. Internationale Anbindungen dieser Knoten sollen dafür sorgen, dass relevante Entwicklungen rechtzeitig erkannt werden.
Schritt 2:
Aktuell wurde gemeinsam mit niederösterreichischen Partnerinnen und Partnern das „Virtuelle Haus“ der Digitalisierung realisiert. Unter www.virtuelleshaus.at werden zahlreiche Services im Bereich Digitalisierung angeboten. Erklärungen unter: www.vhdd.at
Schritt 3:
Das physische Haus soll 2021 in Tulln errichtet werden. Hier sind wir gerade mitten in den inhaltlichen Vorarbeiten. Digitaler Showroom, Zentrum für start-ups, Inkubatoren, Coworking Space, Veranstaltungen, Netzwerktreffen – mit all diesen Elementen wollen wir so ein Zentrum für digitale Unternehmensentwicklung in Niederösterreich schaffen und damit eine Verknüpfung von analogen und digitalen Realitäten erzeugen.
TTR: Was verstehen sie persönlich unter dem Begriff Digitalisierung?
Johannes Eßmeister: Der Begriff Digitalisierung bezeichnet ursprünglich das Umwandeln von analogen Werten in digitale Formate. Die so gewonnenen Daten lassen sich informationstechnisch verarbeiten.
Heute wird dieser Begriff aber auch für alle Veränderungen (Digitale Transformation) verwendet, die auf Basis digitaler Daten möglich wurden. So fallen damit Technologien wie Augmented Reality, Virtuell Realty, Additive Fertigung (3D Druck), IOT/Internet der Dinge, Blockchaine und vieles mehr unter diesen umgangssprachlich verwendeten Begriff Digitalisierung.
Ob Fluch oder Chance liegt in der jeweiligen Herangehensweise eines Unternehmens. Wie bei zahlreichen Veränderungsprozessen in der Vergangenheit kann eine Portion Neugierde und Interesse auch hier nicht schaden. Diesen Prozess möchten wir gerne mit unserem virtuellen Haus unterstützen.
TTR: Worin sehen sie die größten Herausforderungen der Digitalisierung, vielleicht gerade auch für den Tourismus bzw. die Dienstleistungsbranche?
Johannes Eßmeister: Digitalisierung kann kein Selbstzweck sein, sondern muss wie jede Investition für das Unternehmen auf Dauer einen konkreten Mehrwert erzielen. Sei es durch höheren Umsatz und Gewinn, durch mehr Produktivität oder durch eine Steigerung der Anzahl neuer Kunden.
Mit dem Haus der Digitalisierung möchten wir den NÖ-Unternehmen konkrete und erfolgreiche Unternehmens-Beispiele der Digitalisierung aufzuzeigen, um insbesondere dem Mittelstand die konkreten Vorteile nachweisen zu können. Denn nur mit solchen Beispielen können wir den Mittelstand davon überzeugen, in Digitalisierungsprojekte zu investieren.
Johannes Eßmeister, Digitalisierungsmanager, ecoplus. Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH
Johannes Eßmeister ist Digitalisierungsmanager bei ecoplus. Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH und baut seit Jänner 2018 das Haus der Digitalisierung aus. Der ausgebildete Maschinenbauingenieur war lange selbständig tätig. Als Technologiemanager der Zukunftsakademie Mostviertel zeichnete unter anderem für die erfolgreiche niederösterreichweite Ausrollung des Qualifizierungsprojektes „FoP-Net/Future of Production“ verantwortlich.