TTR: Wieso ist das Thema für die Tiroler Tourismuswirtschaft relevant?
Nadine Mezger: Aktuelle Trends im Alpenbereich zeigen, dass sportliche Aktivitäten insbesondere im Sommer einen immer bedeutenderen Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit von alpinen Destinationen darstellen. Hinzu kommt, dass Abenteuer- und Erlebnissportarten immer beliebter werden, das Felsklettern inbegriffen.
Da geeignete Felswände essentiell für die Einrichtung von Kletterrouten und die Ausübung des Sports sind, fördert das Felsklettern Reiseaktivitäten und wird durch wachsendes Interesse zu einem bedeutenden Tourismusfaktor. Durch die spezifischen Anforderungen und Besonderheiten im Reiseverhalten von Kletternden ist es für Kletterdestinationen wichtig sich diese genauer anzuschauen.
Da das Risikoempfinden in der Ausübung des Klettersports eine bedeutende Rolle spielt, habe ich untersucht, wie sich Unterschiede im Risikoempfinden auf das Reiseverhalten sowie Präferenzen für bestimmte Eigenschaften einer Destination auswirkt. Auf Basis dieser Ergebnisse lassen sich Empfehlungen für das Management von Kletterdestinationen ableiten.
TTR: Was sind die Kernergebnisse Ihrer Arbeit und welche Bedeutung haben diese für touristische Destinationen?
Nadine Mezger: Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Kletternde - abhängig von deren Risikoempfinden in der Sportart - ein heterogenes Reiseverhalten aufweisen, womit sich auch die Anforderungen an ein Klettergebiet unterscheiden. Dies spiegelt sich auch darin wider, dass die Relevanz einiger Eigenschaften von Destinationen oft sehr verschieden gewichtet wird.
Besonders stark zeigt sich das darin, dass Kletternde mit einem hohen Risikoempfinden deutlich mehr Wert auf eine gute Absicherung, Infrastruktur und einen einfachen Zugang eines Gebietes legen, ebenso wie sie häufiger alternative Aktivitäten und Erholungsangebote in Anspruch nehmen.
Unterschiede im Reiseverhalten werden besonders deutlich bei der Wahl der Unterkunft. Kletternde mit einem niedrigen Risikoempfinden sind deutlich preissensibler und schlafen häufiger im eigenen Auto. Insgesamt verbringen Kletternde mit niedrigem Risikoempfinden deutlich mehr Urlaubstage im Jahr damit zu klettern.
Unabhängig vom Risikoempfinden wurde deutlich, dass Campingplätze ein absolutes Muss für Kletterdestinationen sind. Auch wenn einige gerne im Auto schlafen, nutzt diese nahezu jede/r Kletternde. Ebenso wie über 90% der Kletternden sehr gerne lokale Restaurants und Cafés nutzen.
TTR: Welche konkreten Handlungsempfehlungen geben Sie in Ihrer Masterarbeit?
Nadine Mezger: Die Kernergebnisse der Studie führen zu der Empfehlung, dass das Management von Kletterdestinationen und -gebieten immer dem vorhandenen Klientel angepasst werden sollte.
Wenn eine Destination beispielsweise überwiegend von Kletternden mit einem hohen Risikoempfinden besucht wird, macht es Sinn in die Absicherung und Infrastruktur zu investieren, ebenso wie zusätzliche Aktivitäten anzubieten, um attraktiv zu sein.
Demgegenüber ist für Kletternde mit einem niedrigen Risikoempfinden von diesen Maßnahmen abzuraten, stattdessen empfiehlt sich hier den Fokus auf günstiges Camping oder auch legale Stellplätze zum kleinen Preis zu legen, um attraktiv zu bleiben. Das ist zum einen wichtig, da diese Gruppe von Kletternden zu einem positiven Kletterimage beiträgt und zum anderen ökonomisches Potential überwiegend durch die Nutzung gastronomischer Angebote und generelle Essenseinkäufe birgt.
Nadine Mezger
Nadine Mezger kommt aus Tübingen und hat dort ihren Bachelorabschluss in Sportmanagement gemacht. Im Sommer 2020 hat sie am Management Center Innsbruck ihren Master in Entrepreneurship und Tourismus abgeschlossen. Sie klettert selbst gerne und hat dadurch einen Bezug zur Thematik.
Masterarbeit Betreuung: Phd. Philipp Wegerer
Titelbild: Tirol Werbung
Datum: 03.08.2021